FitundGesund.at: Frau Jonas, vor kurzem ist Ihr neues Buch „nackt. Das Körper-Versöhnbuch für Frauen“ erschienen. Was wäre denn der erste Schritt zu einer Versöhnung mit dem eigenen Körper?
Katrin Jonas: Wenn ich den allerersten Schritt nennen sollte, dann den, dass eine Frau ihren Körper aus einer inneren Perspektive heraus wahrzunehmen und zu fühlen lernt. Das ist wichtig, weil viele Frauen sich einzig an äußeren Dingen orientieren, z. B., ob ihr Körper anderen gefällt oder ob sie, wie man sagt, „eine gute Figur abgeben“. Mit dem Blick nach innen und einer abrufbaren Körperwahrnehmung verliert diese Abhängigkeit von äußeren Maßgaben an Bedeutung. Erst dann haben Frauen eine Chance, sich wirklich in sich wohlzufühlen.
FitundGesund.at: Was ist in diesem Prozess unausweichlich, auch wenn es vielleicht unangenehm ist?
Katrin Jonas: Bei allem sollten wir uns ins Gedächtnis rufen, dass jeder Mensch ohne jegliche Körperkritik, sondern mit einer selbstverständlichen Liebe zu sich selbst geboren wird. Kleine Kinder kommen, bevor sie gegenteilige Erfahrungen machen, überhaupt nicht auf die Idee, dass sie nicht liebenswert, unattraktiv oder unschön sein könnten. Und dieser (nackten) Tatsache gilt es ins Auge zu blicken: Tatsächlich sind die meisten Menschen, die ihren Körper permanent verbessern möchten, sehr früh von ihrem natürlichen Körperempfinden abgebracht worden. Körperaversionen, wie groß oder klein sie auch ausfallen, sind erlernt. Und: Genau diese, ins eigene Selbstbild übernommenen Anteile gilt es zu erkennen und zu hinterfragen. Das kann berühren und mitunter auch betroffen machen. Doch es lohnt sich! Erst wenn wir bemerken, was gar nicht zu uns selbst gehört, können wir auch herausfinden, was uns ausmacht und wer wir sind.
FitundGesund.at: Warum spielt das Nacktsein in Ihrem Buch so eine große Rolle? Was erreicht man nackt, was voll angezogen nicht gelingen kann?
Katrin Jonas: Auch wenn das Buch „nackt.“ heißt, geht es darin gar nicht vordergründig um das Nacktsein im Sinne des Unbekleidetseins. „nackt.“ steht zunächst erst einmal als Synonym dafür, sich selbst gegenüber schonungslos und ungeschminkt ehrlich zu sein, sich vor sich selbst auszuziehen, sich „nackt zu machen“. Dieses Entblößen ist notwendig, wenn es der ewigen Körperkritik an den Kragen gehen soll.
Darüber hinaus geht es um das “pure” und unverfälschte Wahrnehmen des Körpers. Auf der Grundlage dieser nackten Wahrheiten setzen Frauen ihre neuen Schritte, die dann eine andere Quelle haben als von außen aufgesetzte Regeln. Da sie aus dem eigenen Erleben stammen, sind sie echt, unverstellt, ja, nackt eben. Der Körper darf “bloß” sein, sich die Blöße geben.
Und schließlich ermutige ich sowohl die Leserinnen als auch die Frauen in Workshops, Retreats oder Konsultationen, sich mit der Nacktheit ihres Körpers auszusöhnen, wie das beim Nackt-Spiegeltest oder beim Nackt-Körperscan im Buch geschieht. Unser Körperempfinden ist ohne Kleidung wesentlich feiner als in enger oder figurverändernder Kleidung. Außerdem wirkt sich ein positives Verhältnis zum eigenen Nacktsein auf die Sexualität aus. Eine Frau, die sich mit ihrer Nacktheit sicher fühlt, hat eine große Chance, dass sie auch ein positives Verhältnis zu ihrer Sexualität hat.
FitundGesund.at: Ein großer Teil Ihres Buches dreht sich um den “Heißen Stuhl”. Um was handelt es sich hierbei ?
Katrin Jonas: Ich bitte die Leserinnen in den drei Kapiteln - Figur, Ernährung und Sexualität - regelmäßig, auf einem imaginären „Heißen Stuhl“ Platz zu nehmen. Dort stelle ich ihnen heiße, ja, delikate, intime Fragen. Der „Heiße Stuhl“ steht für das Ehrlichsein sich selbst gegenüber. Jede Frau kann in diesen Momenten ihrer nackten Wahrheit begegnen und diese für eine bessere und liebevollere Zukunft zu nutzen. Dabei kann sie sich entscheiden, wie mutig sie sein möchte.
FitundGesund.at: Welche Rolle spielt die Ernährung im Zwist mit unserem Körper?
Katrin Jonas: Obwohl die Ernährung ein großes Thema ist, lässt sie sich auf einen recht einfachen Nenner bringen. Schauen wir uns einfach einmal an, wie ein Kind sich ernährt: Es isst wenn es hungrig ist. Es trinkt, wenn es Durst hat. Und es wählt instinktiv Speisen, auf die es einen Appetit verspürt. All das passiert, weil es seinem Körper folgt. Ein Kind isst noch nicht „verkopft“.
Genau das ist, was eine „Ernährung in Balance“, wie das 2. Kapitel heißt, bedeutet. Es geht um nichts anderes, als auf den Körper zu hören und ihm zu geben, was er tatsächlich braucht und nicht, was wir meinen, das er brauchen sollte. Und ja: Dass wir von unserem Körper klare Antworten erhalten, setzt voraus, seine Signale zu hören und zu verstehen. Dann wird Ernährung einfach und natürlich. Dann kommt sie ohne erhobene Zeigefinger und starre Konzepte aus.
FitundGesund.at: Welche Einflüsse sehen Sie durch Social Media wie Facebook und Co.?
Katrin Jonas: Die Einflüsse der sozialen Medien sind beträchtlich und bestärken körperfeindliche Tendenzen. Dennoch gehöre ich nicht zu denjenigen, die sagen, dass die Medien die Körperaversionen und die Verbesserungssucht der Frau an ihrem Körper verursachen. Nein. Sie holen nur ans Tageslicht, was als Information bereits im Unterbewusstsein des Menschen sitzt. Sagen wir es einmal anders herum: Ein Mensch, der in seinem Inneren ruht, der sich mag und über einen gesunden Selbstwert verfügt, springt auf etwaige Einflüsse, die von den Social-Media-Kanälen ausgehen, nicht an. Er kann unterscheiden, dass Werbung, gefakte Selfies und Trends nichts mit seiner Realität zu tun haben. Folglich muss er sie auch nicht zu seiner eigenen machen.
Facebook, Instagram und Co heizen nur an, was viele Frauen sowieso schon über sich denken, nämlich dass sie ein Objekt sind, dessen Wert maßgeblich davon abhängt, wie nahe es dem gängigen Körperideal von schlank, durchtrainiert und sexy kommt. Dieses Klima existiert nicht nur in den Social-Media-Kanälen. Es begegnet Frauen in allen Lebensbereichen.
FitundGesund.at: Sie sprechen in ihrem Buch auch über den “Stress”. Was würden Sie sagen, inwiefern unser eigener Körper uns stressen kann?
Katrin Jonas: Diesen Fakt würde ich gern herumdrehen. Unser Körper stresst uns nicht, wir stressen unseren Körper. Wir stressen ihn mit verkehrten Entscheidungen, zu wenig Liebe und Gelassenheit, aber zu viel Kopfarbeit, Kritikbereitschaft, Diäten oder disziplinierenden Regeln. Wir oktroyieren ihm zu viel auf, was sein natürliches Funktionieren sowie seine Selbstregulation außer Kraft setzt. Wenn er dann mit Unwohlsein, Gewichtsschwankungen oder Symptomen antwortet, signalisiert er uns nur, dass da etwas schiefläuft.
Im Buch „nackt.“ beziehe ich mich auf mögliche Stressoren im Zusammenhang mit der Ernährung. Es ist kein Geheimnis, dass unter Stress zu essen beispielsweise zu Verdauungsproblemen, Darmentzündungen, Magengeschwüren, Gewichtszunahme oder anderen Symptomen führt. Wenn Frauen im Stress dann auch noch eine Diät durchziehen, hat der Körper gar keine andere Chance, als nach Ausgleich zu streben. Hier empfehle ich Frauen, unbedingt umzudenken! Nicht der Körper stresst sie. Der Körper meldet sich, weil sie ihn in die Ecke drängen.
FitUndGesund.at: Was ist das ideale Resultat nach dem Lesen Ihres Buches?
Katrin Jonas: Ich habe keine Erwartungen an die Leserinnen im engeren Sinne. Aber wenn eine Frau durch das „nackt.“ an einen Punkt gelangt, wo sie sich ihrem Körper wirklich nahe und verbunden fühlt und aus diesem Empfinden heraus ihr Leben lebt, würde ich mich freuen. Das Buch schließt ja mit dem Körper-Versöhnritual ab. Ich denke, wenn Frauen dieses absolvieren und dessen Ergebnisse dann in ihr Leben hineintragen, hat sich das Schreiben des Buches gelohnt.
Katrin Jonas ist internationale Körper-Mind-Trainerin, Meditationsmentorin und Autorin (Bücher zu den Themen Bodyimage, Körperbewusstsein, feminines Meditieren, Meditation und Schmerz) mit Lebensmittelpunkt in London. Konsultationen auch in Wien.
Mehr Informationen und Kontaktdaten von Frau Jonas finden Sie .
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