Prostata Untersuchung (Interview mit Dr. Julian Mauermann)

Der Prostatakrebs (Prostatakarzinom) ist die bei weitem häufigste Krebserkrankung des Mannes, jährlich erkranken in Österreich ca. 5000 daran. Woran liegt das? Ist es tatsächlich so ein Tabu-Thema?

Jährlich erkranken um die 5000 Männer in Österreich an Prostatakrebs. Jährlich erkranken um die 5000 Männer in Österreich an Prostatakrebs. (Foto by: Sewcream / Depositphotos)

fitundgesund.at: Können Sie uns kurz erklären, was die Ursachen für eine Vergrößerung der Prostata sind? Was genau geschieht dabei?

Dr. Mauermann: Der Mechanismus für die Entstehung einer gutartigen Prostatavergrößerung ist bis heute nicht ganz geklärt; es dürfte eine Kombination aus mehreren Ursachen vorliegen. Eine große Rolle spielen mit Sicherheit hormonelle Faktoren bzw. insbesonders die männlichen Geschlechtshormone, denn es ist bekannt, dass Männer, die kein Testosteron produzieren, sei es durch einen Defekt in der Erbmasse oder durch frühzeitige Entfernung der Hoden, keine Prostatavergrößerung entwickeln.

fitundgesund.at: Wieviele Männer leiden im Durchschnitt unter Prostatakrebs? Wie häufig kommt es vor.

Dr. Mauermann: Der Prostatakrebs ist die bei weitem häufigste Krebserkrankung des Mannes, jährlich erkranken in Österreich ca. 5000 Männer daran, d.h. bei einem Viertel aller Krebserkrankungen des Mannes handelt es sich um Prostatakrebs. Die Sterbezahlen sind deutlich geringer und liegen bei ca. 1200 Patienten pro Jahr, nichtsdestotrotz ist das Prostatakarzinom hinter Lungenkrebs in etwa gleichauf mit Dickdarmkrebs an Nr. 2 bzw. 3.

fitundgesund.at: Wie sieht es mit dem Symptomen aus? Kann der Patient selbst eine Vergrößerung der Prostata spüren?

Dr. Mauermann: Eine Prostatavergrößerung kann einerseits das sog. „obstruktive“, d.h. „verengende“ Beschwerdebild verursachen, das sich v.a. mit einer Abschwächung des Harnstrahls, verzögertem Beginn des Wasserlassens, Restharngefühl oder Unterbrechungen während des Urinierens präsentiert, andererseits gibt es die „irritativen“ oder „reizenden“ Probleme, hier leiden die Patienten unter oft plötzlich auftretendem, teils kaum beherrschbarem Drang und häufigem Wasserlassen tagsüber und auch nachts.

Eine akute Harnsperre, wo der Patient gar nicht mehr urinieren kann, tritt bei ca. 3% der Patienten auf. Ebenfalls anzutreffen sind schleichende Verläufe, wo die Patienten über keine nennenswerten Beschwerden klagen, es jedoch zu einer Blasenentleerungsstörung mit langsam zunehmenden Restharnmengen kommt.

Interessant ist, dass die tatsächliche Größe der Prostata einen untergeordneten Einfluss auf das Beschwerdebild hat, d.h. es gibt Patienten mit sehr großen Drüsen, die keinerlei Probleme haben, und andere mit durchaus kleinen Organen, die in der Lebensqualität deutlich eingeschränkt sind.

fitundgesund.at: Um den Lesern etwas die Nervosität zu nehmen: Wie läuft eine Untersuchung denn im Normalfall ab?

Dr. Mauermann: Eine urologische Untersuchung besteht üblicherweise aus einer Harnstrahlmessung bzw. Harnanalyse, einem Gespräch, einer Ultraschalluntersuchung der Nieren, Blase, Prostata und ev. der Hoden und einer Tastuntersuchung der Prostata; diese dauert nur einige Sekunden. Ev. erfolgt noch eine Blutabnahme zur Bestimmung des Prostata-Tumormarkers oder anderer Werte.

Die Chancen einer erfolgreichen Behandlung sind heutzutage sehr gut. Die Chancen einer erfolgreichen Behandlung sind heutzutage sehr gut. (Foto by: belchonock / Depositphotos)

fitundgesund.at: Im Falle, dass Prostatakrebs festgestellt wird, wie würde eine Behandlung ablaufen? Wie stehen die Chancen der Patienten heutzutage?

Dr. Mauermann: „Den“ Prostatakrebs gibt es nicht; der Tumor umfasst eine sehr heterogene, d.h. uneinheitliche Erkrankungsgruppe. Es gibt vom völlig harmlosen Tumor, der primär gar keine Behandlung braucht und lediglich verlaufskontrolliert wird, bis zum aggressiven Karzinom, das einer fächerübergreifenden Therapie bedarf, sämtliche Abstufungen.

Bei der Behandlung gibt es im wesentlichen die Möglichkeit der Operation mit Enfernung der ganzen Drüse, oder die Strahlentherapie, die von aussen oder von innen, durch permanente oder vorübergehende Einbringung einer radioaktiven Strahlenquelle, durchgeführt werden kann. Es existieren auch einige andere Methoden, die gegenwärtig aber noch als experimentell bezeichnet werden müssen; ob und wie sie Eingang in die Routinebehandlung finden werden, wird sich in den nächsten Jahren herausstellen.

Die Chancen einer erfolgreichen Behandlung sind heutzutage sehr gut; wie diese durchgeführt wird, ist immer eine individuelle Entscheidung, die zwischen Arzt und Patient getroffen werden muss.

fitundgesund.at: Gibt es ein paar Tipps zur Vorbeugung? Kann man eine Vergrößerung der Prostata vermeiden?

Dr. Mauermann: Die einzigen beeinflussbaren Faktoren, die möglicherweise eine Auswirkung auf die Entstehung einer Prostatavergrößerung haben, sind eine Reduktion des Körpergewichts sowie ausreichende körperliche Aktivität. Dies wäre auch in Hinblick auf viele andere durch Übergewicht ausgelöste Erkrankungen, z.B. Diabetes, empfehlenswert.

fitundgesund.at:  Die Prostata ist ja nicht gerade ein Thema, über das man gerne spricht. Meistens kommt das Thema vor dem 50. Lebensjahr gar nicht zur Sprache. Trauen sich mittlerweile mehr Männer zu Untersuchungen, oder ist es für viele immer noch ein Tabuthema?

Dr. Mauermann: Das Publikum in der Ordination ist sehr unterschiedlich, da der Urologe ja genauso Frauen und Kinder behandelt; insgesamt ist meiner Einschätzung nach die Bereitschaft der Männer zur Vorsorgeuntersuchung nicht so schlecht wie oft berichtet.


Bewertung: Ø 4,8 (4 Stimmen)

Autor: Dr. Julian Mauermann
Infos zum Autor: Facharzt für Urologie
Erstellt am: 24.10.2019
Überarbeitet am: 26.12.2020

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