Muskulärer Schiefhals (Torticollis)

Der muskuläre Schiefhals tritt sehr selten auf, nicht einmal ein Prozent aller Neugeborenen weisen das Krankheitsbild auf. Außerdem lässt sich der muskuläre Schiefhals mit einfachen Methoden korrigieren, Spätfolgen treten bei konsequenter Anwendung einer Therapie nicht auf.

Muskulärer Schiefhals Ein Muskulärer Schiefhals ist eine Kopffehlstellung bei Neugeborenen und Säuglingen. (Foto by: XiXinXing / Depositphotos)

Schnell-Überblick:

  • Was ist ein Muskulärer Schiefhals: Es handelt sich um eine, meist angeborene, Schiefhaltung des Kopfes.
  • Symptome: Weiche Schwellungen des Halsmuskels sind bei Abtastung zu spüren.
  • Ursachen: Eine angeborene Verkürzung des Bindegewebes, aber auch geburtstraumatische Ereignisse, können Auslöser sein.
  • Behandlung: Extra abgestimmte Physiotherapie, eine Halskrawatte, oder auch eine Operation.
  • Mögliche Komplikationen: Ohne Behandlung kann es zu einer dauerhaften Fehlstellung in Verbindung mit Schmerzen kommen.
  • Vorbeugung: Eine Vorbeugung ist nicht möglich.

Definition

Ein muskulärer Schiefhals ist - teils angeboren, teils erworben – eine bei Neugeborenen oder sehr jungen Säuglingen auftretende fixe Schiefstellung des Kopfes. Der Kopf des Kindes neigt sich zur erkrankten Seite und gleichzeitig dreht er sich zur gesunden Seite. Grund ist eine bindegewebige Verkürzung des seitlich vorne am Hals liegenden Muskels (Musculus sternocleidomastoideus oder auch Kopfnickermuskel). Die Fehlstellung kommt eher selten vor, nur etwa 0,5 % aller Neugeborenen und Säuglinge sind betroffen. Eine genetisch bedingte Ursache lässt sich nicht nachweisen. Wesentlich häufiger ist die rechte Halsmuskulatur von der Fehlstellung betroffen als die linke.

Ursachen des muskulären Schiefhalses

Der muskuläre Schiefhals ist meist angeboren, in seltenen Fällen bildet sich das Krankheitsbild erst etwas später nach der Geburt aus. Die rechte Halsmuskulatur ist außerdem etwa dreimal häufiger betroffen als die linke. Insgesamt weisen nur etwa 0,5 Prozent aller Neugeborenen das Krankheitsbild des muskulären Schiefhalses auf. Die Störung ist damit eher selten. Der muskuläre Schiefhals tritt häufig gemeinsam mit anderen Fehlbildungen – beispielsweise Hüftdysplasie oder Klumpfüßen - auf.

Warum sich ein muskulärer Schiefhals überhaupt ausbildet, ist bisher nicht eindeutig bekannt. Man geht von einer genetischen Vorbelastung aus, gleichwohl eine Häufung des Krankheitsbildes innerhalb einer Familie bisher nicht nachgewiesen werden konnte. Physiologisch betrachtet entsteht die Verkürzung des Muskels durch einen Umbau des Bindegewebes innerhalb des Kopfnickermuskels. Dabei vermehrt sich das Bindegewebe verstärkt und drängt damit funktionsfähige Muskelzellen zurück und ersetzt diese später.

Ergebnis dieses Vorgangs ist eine Verkürzung des Kopfnickermuskels. Was diese Fibrose – damit ist der „Umbau“ des Muskels gemeint – auslöst, ist nicht bekannt. Eine weitere Erklärung für die Ausprägung eines muskulären Schiefhalses können geburtstraumatische Ereignisse sein. Wenn während des Geburtsvorgangs Einblutungen in das Muskelgewebe passieren, entsteht ein erhöhter Druck innerhalb des Gewebes.

Dadurch werden Blutgefäße abgedrückt und die Blutversorgung des Muskels eingeschränkt. Die Unterversorgung des Muskels kann wiederum zu einer Verkürzung des Muskels führen. Auch die intrauterine Lage des Säuglings könnte zu einer Muskelverkürzung führen. Liegt der Fötus ungünstig in der Gebärmutter, könnte ein Hämatom am Kopfnickermuskel entstehen, welches ursächlich für eine Muskelverkürzung sein kann.

Untersuchungen & Diagnose

Die Diagnose des muskulären Schiefhalses ist relativ einfach, da die Fehlstellung allzu offensichtlich ist. Dennoch wird der Arzt andere Ursachen ausschließen. Als andere Ursache für einen muskulären Schiefhals könnte eine Fehlbildung der Halswirbelsäule sein oder aber eine massive Schwerhörigkeit auf einem Ohr. Eine Fehlbildung der Halswirbelsäule wird – sofern ein Verdacht überhaupt vorliegt – mit einer Röntgenaufnahme ausgeschlossen.

Einen Test des Gehörs wird bei jedem Neugeborenen routinemäßig durchgeführt – Auffälligkeiten werden also direkt erkannt. Erkennen kann der Arzt einen muskulären Schiefhals außerdem an einer weichen Schwellung des Halsmuskels als Folge der Verkürzung. Ab etwa der zweiten Lebenswoche bilden betroffene Neugeborene diese Schwellung aus. Die Schwellung vergrößert sich zunächst und klingt mit beginnender Therapie wieder ab. Die Schiefstellung verursacht außerdem eine eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule.

Der muskuläre Schiefhals muss – um Spätfolgen zu vermeiden – möglichst schnell diagnostiziert und behandelt werden. Ist das der Fall, sind die Prognosen sehr gut. Wird hingegen die Fehlstellung nicht behandelt, so bleibt sie dauerhaft bestehen und führt im späteren Verlauf zu erheblichen Beeinträchtigungen.

Behandlung, Therapie & Komplikationen

Behandlung Muskulärer Schiefhals Eltern sollten verschiedene Übungen, die ihnen gezeigt werden, mit dem Säugling durchführen. (Foto by: tmcphotos / Depositphotos)

Bei der Diagnose „muskulärer Schiefhals“ wird der Arzt dem Säugling eine intensive Physiotherapie verschreiben. Darüber hinaus gibt es einige Lagerungstechniken und Dehnungsübungen, um der Muskelverkürzung entgegen zu wirken (konservative Therapie). In der Regel bestehen – sofern die Therapie konsequent durch geführt wird - sehr gute Heilungschancen. Wird zur Behebung des muskulären Schiefhalses die konservative Therapie gewählt, ist kein Krankenhausaufenthalt notwendig. Vielmehr wird der Physiotherapeut den Eltern zeigen, wie sie eine Behandlung zu Hause durchführen können.

Zunächst ist es wichtig, einen Säugling mit einem muskulären Schiefhals nicht auf dem Bauch zu lagern, da diese Position den Schiefhals eher begünstigt. Der Säugling sollte stets auf dem Rücken oder auf der Seite liegen. Außerdem muss der Säugling gegensinnig gelagert werden. Um ihn dazu zu bringen, hilft ein kleiner Trick: Der Säugling wird von der Seite der Fehlhaltung abgelenkt, in dem man die jeweilige Richtung möglichst uninteressant gestaltet, etwa mit einer weißen Wand ohne Bilder oder ähnlichem.

Die andere Seite gestaltet man entsprechend interessant. Denkbar sind verschiedene akustische Reize, etwa das Klingeln mit einer Rassel oder visuelle Reize, etwa Bilder, die sich bewegen. Für einen Säugling gibt es in den ersten Lebensmonaten fast nichts interessanteres als die Gesichter von Menschen – es reicht daher meist aus, wenn sich ein Elternteil zu dem Baby setzt und es durch das Schneiden von Grimassen immer wieder dazu ermuntert, sich ihm zuzuwenden.

Neben den beschriebenen Tipps zur Lagerung des Säuglings wird der Säugling eine intensive Physiotherapie erhalten. Der Krankengymnast zeigt den Eltern verschiedene Übungen, die sie nach ausreichender Anweisung und Übung zu Hause allein mit ihrem Kind durch führen können. Letztendlich muss der verkürzte Muskel mehrmals täglich sanft in die Richtung der betroffenen Seite gedehnt und der Kopf entgegen der Rotation in die richtige Position gedrückt werden. In der Dehnstellung wird der Kopf etwa 10 Sekunden lang gehalten und dann sanft in die Ausgangsposition zurück gebracht. In den allermeisten Fällen reicht die Kombination aus richtiger Lagerung und Physiotherapie aus, um den Schiefhals komplett zu korrigieren.

Sollte sich keine Besserung zeigen, was meist dann der Fall ist, wenn der Schiefhals zu spät erkannt und behandelt wird, ist eine Operation notwendig. Bei der Operation durchtrennt der Chirurg den betreffenden Halsmuskel komplett am Brustbeinansatz. Danach muss der Kopf des Säuglings etwa drei bis vier Wochen ruhig gehalten werden. Das wird durch das Tragen einer Halskrawatte gewährleistet oder durch das Anlegen eines Gipsverbandes.

Eine Operation muss bis spätestens dem 6. Lebensjahr eines Kindes durchgeführt werden. Später lässt sich ein muskulärer Schiefhals in der Regel nicht mehr korrigieren. Wird ein muskulärer Schiefhals nicht korrigiert, sind die Spätfolgen beträchtlich. Die Fehlstellung bedingt eine Einschränkung in der Beweglichkeit der Halswirbelsäule. Die dadurch ausgelöste ungleiche Belastung der Halswirbelsäule führt zu einer schweren Arthrose, welche sich bereits frühzeitig ausbildet und sehr schmerzhaft ist.

Darüber hinaus bildet sich eine Skoliose (knöcherne Fehlstellung) im Bereich der Halswirbel aus, was ebenfalls zu erheblichen Schmerzen führt. Außerdem führt die dauerhafte Fehlstellung zu einer Veränderung der gesamten Gesichtsasymmetrie, was sich im Laufe der Zeit durch das Skelettwachstum noch verstärkt.

Prävention & was kann ich selbst tun

Einem muskulärem Schiefhals kann man nicht vorbeugen. Erkennt der Arzt oder die Hebamme eine ungünstige Lage des Fötus innerhalb des Mutterleibes, kann versucht werden, das Kind in eine günstigere Position zu bringen. Liegt das Kind in Beckenendlage, kann über einen geplanten Kaiserschnitt nach gedacht werden. Da bisher nicht geklärt ist, ob eine traumatisch verlaufende Geburt überhaupt ursächlich für die Ausbildung eines muskulären Schiefhalses ist, muss die werdende Mutter überlegen, ob sie einen solchen Schritt gehen möchte.


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Autor: FitundGesund Redaktion
Infos zum Autor: Medizinredakteure und Journalisten
Erstellt am: 07.10.2009
Überarbeitet am: 23.06.2020

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